Augenzeugenberichte der US-Bombardierungen Kabuls
USA geben zu, "verirrte" Bomben zu
Vier UN-Mitarbeiter in erster Bombardierung Afghanistans ums Leben gekommen


Augenzeugenberichte der US-Bombardierungen Kabuls

RAWA-Bericht, 21. Oktober 2001
Ein Brief von Fariba aus Kabul


a woman victim of Taliban and the US strikes

Eine von RAWA interviewte Frau: “Unsere Haeuser im Shamaly-Tal wurden letztes Jahr von den Taliban abgebrannt, so dass wir nach Kabul gezogen sind, aber eine US-Bombe hat unser aermliches Haus in Qala-e-Wakal getroffen, und nun haben wir kein Essen und keine Unterkunft. Warum liefern sie Osama nicht aus? Wir wollen weder die Taliban, noch Osama. Warum bombardieren die USA uns, was ist unsere Schuld?“ (Foto aus einem RAWA-Video)
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In diesem Moment ist die Stadt Kabul in einer schlimmeren Lage als zuvor. Die amerikanische Bombardierung der Stadt schafft eine unertraegliche Stimmung, wie eine grosse, schwarze Wolke, die sich ueber Kabul legt. Ueberall hoert man Explosionen. Es ist eine Stadt der Trauer; seit mehreren Tagen sieht man immer mehr Bettler umherirren. Alle auslaendischen und afghanischen Geschaefte sind geschlossen, und sogar die Hungerloehne, die den Angestellten zuvor gezahlt worden waren, werden nun nicht mehr ausgezahlt.

Wegen Probleme der Taliban-Regierung hat der Anfuehrer der Taliban, Mullah Omar, kuerzlich beschlossen die Coupons von 40,000 Afghanis auf 20,000 Afghanis zu entwerten. Ein Angestellter, der vordem 12 Laks Afghanis verdient hatte, bekommt beispielsweise heute nur 6, ganz zu schweigen davon, dass die Gehaelter in den letzten 4 Monaten nicht ausgezahlt worden sind. Es wird nur noch Brot verkauft.

Die Abwanderung der Bevoelkerung hat waehrend der letzten Tage sehr zugenommen, und die Menschen ziehen von Ort zu Ort. Es gibt keine Elektrizitaet in der Stadt. Die Lebensmittelpreise sind zwar gefallen, aber die Menschen verfuegen ueber keine Kaufkraft.

Die einzigen Taliban die man sehen kann, sind Pakistanis, Araber und Chechenen mit bleichen, aengstlichen Gesichtern.

Vielerorts hoert man jetzt seit vielen Tagen Explosionen. Einige Haeuser sind von Missiles getroffen worden.

Eines dieser Haeuser gehoert Dakhuda, der aus dem Shamaly-Tal nach Kabul gekommen war. Am 14. Oktober wurde es in "Qala-e-Vakil" auch der beabsichtigten Baugegend, von einer Missile beschaedigt, seine achtzehnjaehrige Tochter kam bei dem Angriff ums Leben, seine Frau und zwei Soehne wurden schwerverletzt ins "Vazir Akbar Khan"-Krankenhaus eingeliefert, das keine Ausruestung fuer die Durchfuehrung von Operationen mehr hat. In der Naehe dieser Gegend sind noch 6 andere Haeuser vollstaendig zerstoert und 15 weitere beschaedigt worden.

Am 14. Oktober wurden der Flughafen Kabuls sowie der Fernsehturm mehrmals angegriffen; ein weiterer Treffer auf den Fernsehturm haette das gesamte Telekommunikationsnetz der Taliban zerstoert.

Waehrend der Nacht des 15. Oktobers wurde der Flughafen wieder von Missiles angegriffen. Am selben Tag wurde die Kaserne der Araber (frueher als "Gholam Batcheh“-Haus bezeichnet) im Gebiet "Katra-e-Parwan" getroffen.

Die Taliban-Soldaten und Araber haben die Gegend sofort verlassen, nachdem sie die Leichen ihrer Kameraden versteckt hatten.

Ein Ort namens "Gargheh", einige Kilometer von Kabul entfernt, wo die wichtigste Taliban-Kaserne steht, wurde einige Male angegriffen; waehrend Baracke 315 niederbrannte gingen die Angriffe stundenlang weiter, bis zur voelligen Zerstoerung.

Dieser Tage wurde auch die Barracke "Ghand 55", auch als "Babidjan" bezeichnet, die sich auf dem "Kheir Khaneh" befindet, von Missiles angegriffen, wobei Elektroleitungen und Strommasten der Stadt beschaedigt wurden, so dass das elektrische Netzwerk der Stadt lahmgelegt wurde.

Be einer erneuten Attacke auf den Flughafen am 16. Oktober wurde das Rotkreuz-Gebaeude schwer getroffen, dass wenige Kilometer vom Flughafen entfernt liegt, die Flammen konnte man von den abgelegensten Teilen der Stadt aus sehen. Taliban-Feuerwehrleute waren so erschoepft, dass sie der Situation nicht Herr werden konnten.

Ungefaehr 50 Meter von hier sind Haeuser, die Leuten aus dem Norden und aus Bamyam gehoeren, von einem weiteren Missile getroffen worden. Eine vierzigjaehrige Frau wurde getoetet, und zwei weitere Menschen verwundet. Zur Zeit ist die Leiche der Frau noch nicht gefunden worden. Ihre Habseligkeiten sind zerstoert worden und unter den Ruinen verschuettet. Das geschah ungefaehr um zwei Uhr nachmittags.

Am 17. Oktober gab es die erste Detonation auf den "Nader Khan"-Hoehen, und das gesamte Gebiet war voller Qualm. Ziel dieses Angriffs war die Artillerie, welche die Taliban dort installiert hatten. Die Kaserne 55 ("Ghund-e-Babajan" genannt) war das Hauptziel der amerikanischen Beschuesse, die eine verraeucherte Athmosphaere ueber die gesamte Stadt gelegt haben. Das Feuer, das um 10 Uhr morgens ausgebrochen war, war erst in der spaeten Nacht aus.

Die Hoehen "Deh kapik" und "Badam Bagh" sind an diesem Tage am schwersten beschaedigt worden, und der Flughafen wurde noch mehrere Male angegriffen. Wegen dieser Detonationen mussten veraengstigte Einwohner die Stadt in Angst und Schrecken verlassen.

Am 18. Oktober um 3:35 Uhr morgens wurde eine Militaerbasis namens "Loa-e-Babajan" von zwei Bomben abgeworfen, dadurch wurde ein Munitionslager abgebrannt. Der Qualm und die Flammen loderten sieben Stunden lang.

Am 18. Oktober um zwoelf uhr nachts wurde die Kaserne 315 im Sueden Kabuls angegriffen. Um 11 Uhr morgens desselben Tages wurde auf Shahr-eNow eine Bombe abgeworfen; obwohl diese nicht detonierte, wurden drei Haeuser zerstoert, wobei eine Frau schwer verletzt wurde. Auch um 11 Uhr wurde eine Bombe auf Block 33 in Old Makroryan abgeorfen, wobei ein vierzehnjaehriges Maedchen getoetet und vier weitere Kinder verletzt wurden. Eine weitere Bombe traf ein Haus in Qala-e-Zaman-Khan, dabei starben fuenf Mitglieder einer Familie (vier Frauen und ein Kind). In einer weiteren Detonation in Block 13 von Old Makroryan wurde ein junges Maedchen auf der Stelle getoetet.

Am 21. Oktober detonierte um 7:58 morgens eine Bombe im New Project Gebiet in der Nahe von Mmasjed-e-Itefaq, wobei acht Mitglieder einer Familie ums Leben kamen und drei Haeuser voellig zerstoert wurden. Vier Frauen und vier Maenner sind unter den Todesopfern, und acht weitere Menschen wurden bei dieser Explosion verletzt. Die Familien, die ihre Aneghoerigen verloren haben, waren aus Qara-Bargh nach Kabul gekommen. Ausserdem waren Reuters ­ Reporter in der Gegend.

Heute haben alle Menschen Angst, aber die Mehrheit der Bevoelkerung hat Angst vor der Uebernahme der Stadt durch die Truppen der Northern Alliance nach dem Fall der Taliban, und sie erinnern sich an das, was sie im Jahre 1992 durchmachen mussten.






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