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Eine Frau der afghanischen Frauenroganisation RAWA besucht Bremen

Gewissermaßen kommt Shala auch nach Bremen verschleiert. Sie sitzt zwar in westlicher Kleidung auf dem Podium, die Burka liegt als Anschauungsmaterial neben ihr. Shalas Schleier ist in Deutschland ein anderer. Sie lebt unter einem Pseudonym. Denn die Mitglieder der Frauenorganisation RAWA werden verfolgt ­ nicht nur in Afghanistan. Einige ihrer Mitstreiterinnen, unter anderem eine der Gründerinnen, wurden ermordet.

In einem Interview erzählt Shala, dass sie auch in pakistanischen Flüchtlingslagern, in denen RAWA hauptsächlich ihre Schulen betreiben, von pakistanischen Polizisten verfolgt werden. Also laufen die Schulen in Pakistan nicht unter dem Namen RAWA. In Afghanistan, Shalas Heimatland, aus dem sie selbst als Kind nach Pakistan flüchtete, war es sowieso unmöglich, öffentlich Schulen für Mädchen zu betreiben. (Heute erst werden Schulen für Mädchen wieder eröffnet.) Dort unterrichteten die RAWA-Lehrerinnen kleine Mädchengruppen heimlich in Privathäusern.

Die siebenundzwanzigjährige Shala ging einst selbst in eine RAWA-Schule. Sie hätte gerne Lehramt studiert, das aber konnte RAWA ihr nicht mehr ermöglichen. So ist sie nun Mitarbeiterin bei RAWA und arbeite als Lehrerin der ersten beiden Grundschulklassen in Flüchtlingscamps, in denen sie selbst aufwuchs. Zur Zeit fährt sie als Repräsentantin von RAWA auf Europareisen, im Moment müsste sie gerade in Italien sein, demnächst steht auch Brasilien auf dem Programm. Shala spricht gut englisch und ist versiert im Umgang mit den Medien. Übrigens hat die professionelle home-page von RAWA die Gruppe international bekannt gemacht (www.rawa.org).

In Pakistanischen Flüchtlingslagern unterrichtete RAWA auch Jungs. Denn den Frauen ist wichtig, dass Jungs mitbekommen, dass Mädchen die gleichen Rechte haben wie Jungs. "Wir bezeichnen uns als feministisch, auch wenn wir wissen, dass es viele Arten von Feminismus gibt. Es gibt ja auch islamische Feministinnen." RAWA jedoch vertritt einen säkularen demokratischen Feminismus. "Wir wollen gleiche Rechte. Wir denken, wir brauchen die Hilfe von Männern. Aber politisch wollen wir unabhängig sein und nicht von Männern dominiert werden. Deswegen arbeiten wir politisch getrennt von Männern." Shala betont, dass afghanische Frauen heute oft nicht wissen, was ihre Rechte sind. Afghanische Männer müssen lernen, dass Frauen gleich sind. "Die junge Generation hat das in Afghanistan nicht gelernt."

RAWA ist inzwischen international bekannt und erhält überall Unterstützung. In Bremen kamen bei der Veranstaltung Mitte Dezember, die von ca. 200 Frauen besucht wurde, über 2000 DM an Spenden zusammen. RAWA-Frauen hielten Vorträge in zahlreichen deutschen Städten und bekam außerdem den Mona Lisa Fernsehpreis! In Afghanistan selbst hat diese Frauenorganisation kaum Ansehen und Macht. Shala vermutet, dass RAWA weder an der Regierungsbildung, noch am Aufbau, noch an der Nahrungsmittelverteilung beteiligt wird. Trotzdem versuchen die Frauen, Einfluss zu nehmen, indem sie an die afghanische Bevölkerung appellieren, weder Fundamentalisten zu wählen, noch die alten Regierungsmitglieder oder die ehemaligen Putschisten. RAWA will auch gar nicht an die Macht. Ihr Ziel ist eine säkulare und demokratische Regierung in Afghanistan und gleiche Rechte für Frauen. Aber das wird ein sehr langer Prozess werden. Shala bemerkt nachdenklich, dass das politische Bewusstsein der Bevölkerung zwar nicht "falsch" sei. Aber natürlich sei es geprägt von der Frauendiskriminierung und der Brutalität der letzten zwanzig Jahre zunächst unter der Herrschaft der Sowjetunion, dann unter fundamentalistischen Islamisten. Die Menschen sind geprägt von Gewalt, Elend, Krieg und Bürgerkrieg. Daher trauen Frauen sich viele Frauen bis heute nicht, ihre Schleier in Afghanistan abzulegen, bedauert Shala.

Artikel nur bis hierher an die bremer Kirchenzeitung geschickt, da sonst zu lang.

Sie misstrauen den neuen Machthabern, der Nordallianz, die vor fünf Jahren sehr grausam in Kabul regierte. Die Interviews im Fernsehen, die ein paar Frauen in Kabul zeigte, die den Schleier abgelegten oder Männer die sich rasierten, zeigen nur einzelne. Die Angst herrscht fort. Die Menschen aus den pakistanischen und iranischen Flüchtlingslagern trauen sich nicht nach Afghanistan zurück, weil sie Angst vor der Nordallianz haben.


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